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Christa Ritter's Blog

Feminismus oder wo sonst sind die Frauen?

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Ich war Gast in einem Talk zum Thema „Feminismus oder wo sonst sind die Frauen?“ im „Eigenleben Festival“, gemeinsam mit Lena Schneck, mitte 20, Studentin un d schwanger: Nach den Fragen an Lena und mich, als die Kameras noch liefen, entbrannte eine heftige Diskussion unter den Corona-reduzierten Gästen, jungen und älteren Frauen, zwei Männern. Die erste Frage ging an mich, empört: Wie kannst du einem Langhans hinterherlaufen! Ja, wie kann frau im Aufbruch? Irritation berechtigt: Schließlich hat der Feminismus inzwischen die zweite Hälfte der Welt zu „alten weißen Männern“ erklärt. Vor Corona feierte dieser Feminismus ziemlich selbstzufrieden solchen Sexismus. Unwidersprochen, ohne bisher mal eine Frage der Eigenverantwortung zuzulassen. Einmal Rippe, ewig Rippe?
Auch ich litt einmal an der „Rippe“, wollte nie Eva werden, sondern selbst auf den Thron. In a man’s world? In meinen jüngeren Jahren keine Chance. In Rainer traf ich endlich einen Mann, einen „Verrückten“, den diese Welt noch nie interessierte. Selbst als Mann konnte er die nötigen Normen von Konkurrenz und Leistung nicht erfüllen. Erst heute weiß er: Für einen Autisten unmöglich. Dann sein großes Glück: Kommune I und eine andere Realität. Kein Geschlechterbesitz, keine Ausbeutung von jedem gegen jeden. Stattdessen allgemeine Zärtlichkeit. So also könnte es gehen? Weder Besitz an Frau, noch an irgendeiner materiellen Macht. Ich erkannte in ihm diesen neuen Adam, der auf einem Weg war. Ohne die falschen Privilegien im Körperlichen, der Mater immer weniger zu dienen. Diese Vision schien mir die einzige Möglichkeit. Ich ahnte sie als meine Rettung.
Für mich als junge Feministin, die damals im Mann einen Feind, meinen Unterdrücker sah, war die Vision der Selbstermächtigung erstmal ein Skandal. Ich war schließlich meine „Macht“ als Opfer gewohnt, diese Beschuldigungen, das Bequeme, die Projektion meines eigenen Schattens. Aber dann überwog seine Vision als meine Art „Erleuchtung“. In Rainer gibt es jemanden, der mich so herausfordert, wie ich mich selbst erstmal nicht zu trauen wage. Der mich immer wieder in seiner Spiegelung darauf verweist, wie wenig ich von mir weiß, dass es eine größere Realität des Inneren gibt: Greif nach den Sternen! Nur dass es hier nie um äußere Macht, Berühmtsein oder Profit geht, sondern, ihr ahnt es, um etwas Tieferes: „allgemeine Zärtlichkeit“. Davon hatte in den späten Sechzigern auch schon mal kurz Uschi Obermaier profitiert. Später dann, zu Anfang des Harems also entschied auch ich mich: Her mit unbequemen Hausaufgaben, die wir „Schattenarbeit“ nannten, eine geistige Kommune für jede von uns fünf Weibern.
Mein Einverständnis mit mir selbst, diesen mühsamen Weg einzuschlagen, aus einer Opfer-Feministin eine echte, eine eigenwillige zu werden, muss ich mir seitdem erarbeiten. Darin ist tatsächlich Rainer für mich ein Wegbereiter, der mich ständig inspiriert. Jetziger Status: Zwiespalt. Immerhin! Der bedeutet: mit Zuversicht diesem Weg ins Unbekannte weiterhin zu vertrauen. Dann wieder dunkelste Wolken: Ich bin auf Rainer und die Frauen reingefallen. Nichts geht: Eine Frau wird sowieso nie in geistigere Gefilde aufsteigen. Wann hat es sowas je gegeben? Frau hängt an Beauty und Klunkern, sie hängt damit an der Rippe. Wie ich mit Rainer! Schallt es dann auch in mir.
Dieser Zwiespalt ist für mich, ihr werdet‘s kaum glauben, sogar ein Fortschritt, verrückt nicht? Aber nach meiner langen schimmerlosen Zeit einer Opfer-Feministin ist Zwiespalt ein Lichtblick: Ich bin auf dem Weg! Eine Frau versucht etwas anderes. Ein weiblicher Mensch zu werden, selbst, wenn ich dazu einen Rainer an meiner Seite brauche. Eine Freundin folgt einem indischen Guru, eine andere ihrem Professor, noch eine inspiriert sich unter Aktivisten. Der Wege sind inzwischen viele. Weiter als die Rippe! Bisher häufig unbewusst: Deshalb das engagierte Geschrei bei dieser Diskussion. Das dauerte eine ganze Stunde: Auch hier so viel Zwiespalt. Und wenn wir nach Hause gehen, nimmt jede ihr Handy aus der Tasche und lauscht ins Netz, in diese Stille. Erweiterte Realitäten, ansatzweise.

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