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Christa Ritter's Blog

Fridays for Future: Lasst uns radikal miteinander spinnen!

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Verglichen mit uns im heiligen Jahr 67/68 demonstrieren die Jungen heute nicht gegen ihre mörderischen Eltern. Gegen eine Nachkriegszeit, in der sie mit einem Wirtschaftswunder die Fragen verdrängten. Sie demonstrieren für etwas: Rettung statt Tiefschlaf. Von uns, die sich ein anderes Leben vorstellten und es auch ansatzweise erfanden. Nur nie wirklich. Irgendwie sind wir dann zurückgefallen oder vor dem eigentlichen Schritt hängen geblieben. Oder spinne ich, wenn ich deshalb unter uns und den folgenden Generationen eine verdeckte Depression sehe?

Die ich auch daran festmachen könnte, dass das Internet immer noch nur zögerlich angenommen wird. Bedenken überall. Statt das Internet als ein Vehikel zu erkennen, das uns aus dem Turbomäßigen von Kapitalismus, Rassismus, Sexismus, Faschismus ein Stückchen rausführen kann, ja wird. Wie an den Jungen zu sehen. Sie haben nicht nur nettere Eltern und Großeltern gehabt, sie sind auch schon im Internet großgeworden. Wie fühlt sich zum Beispiel eine Pubertät an, die in dieser neuen Heimat spielt? Ich vermute: ganz anders als ohne Netz. Friedlicher. Schon mit den Piraten habe ich mich über diesen Ansatz von Post-Gender gefreut: Das Körperliche war nicht so wichtig. Alter, Geschlecht, Mode. Stattdessen ansatzweise „allgemeine Zärtlichkeit“, wie es Rainer nennt, damals Kommune I. Diese Zärtlichkeit, finde ich, ist jetzt auch bei Fridays for Future zu spüren. Diese Jungen wollen, weil sie als erste „Aliens“ schon aus dem Internet kommen, im Grunde mehr als nur ein paar Korrekturen unseres alten Systems. Weil sie nett sind, holen sie uns erstmal ab. In dem Mist, den wir Älteren produziert haben. Sie fordern: Weniger Plastik, Fleischproduktion, Fliegen. Eigentlich aber meinen sie: ein anderes Leben, eine bessere Welt. Also: Radikalen Wandel. Wie aber geht die, das? Ich bin mir sicher, Renovierung des Alten reicht nicht. Bleibt toxisch. Wir bleiben Faschisten in der Welt unseres Kapitalismus, selbst wenn wir ihn etwas runterfahren oder besser verteilen. Also müssten wir nicht nur die Demos abnicken, dort mitlaufen, sondern in ernsthafte Diskussionen eintauchen. Wie geht das: eine bessere Welt erfinden? Was liebt ihr am Internet? Was treibt euch an, wenn ihr all eure privatesten Daten um die Welt verteilt? Wenn ihr lieber ins Smartphone schaut als auf ein Gegenüber? Was meint ihr, wenn ihr euch überall mit „friends“ verbrüdert? Weltweit?

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