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Christa Ritter's Blog

Gamen und Bergsteigen

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Gestern mal wieder Reinhold Messner bei Lanz zugehört. Er sagte etwas, das mich auch in Bezug auf meine eigene Biografie noch immer beschäftigt. Dass er zu der Generation gehört, die autoritär erzogen wurde. Erst indem er immer wieder scheinbar unbezwingbare Widerstände überwand, habe er sich zu sich selbst entwickelt. Gefahren, Berggipfel, sowas war‘s bei ihm. Er betonte dann: Entwickelt zu dem Eigentlichen, was erst einen Menschen ausmacht. Heute würde er sagen, Kinder sollten so wenig wie möglich von Erwachsenen gelenkt werden. Sie sollten ihren eigenen Weg finden, sich erfinden. Sein Sohn saß neben ihm und nickte.

Foto: Karneval 1959 in Düsseldorf auf der Kö. In der Mitte meine Freundin Hilla, die später den Verleger vom März-Verlag heiratete. Ich bin links und küsse mit Blondie-Perrücke. Ich glaube, ich dachte, in Blond bin ich schöner.

Seltener Fernsehabend: Zuvor sah ich den Spielfilm PLAY. Ein Teenager, in heavy Pubertät, versucht sich aus den Fängen der Eltern durch Gamen zu befreien. Das Mädchen verzieht sich immer mehr in diese Welt, in der sie für sich kämpft, sich dabei entdeckt, ihre Kräfte ausprobiert, sich gestaltet. Draußen wagt sie borderlinemäßig dann zwar immer mehr, aber alles ist falsch, zum Verzweifeln falsch. Als würde sie immer ehrlicher und damit asozialer. Bis sie in „Avalonia“ (so heißt das Spiel) den schwarzen Drachen, den Gott, ersticht. Als wäre der ihr Vater, dieser nette, besorgte Mann, der nur ihr Bestes will, eigentlich, und damit so daneben liegt. Mit diesem „Mord“ verglüht sie in einem goldenen Flash. Sie hat die Grenze überquert, ist eine Eigenständige, eine Menschin geworden? So, wie Messner sagt, erzählt auch der Film.

Toll, nicht? Dass wir in diesen Zeiten überhaupt so in uns, mit uns verhandeln. Tendenziell die meisten. In den Ketten von Eltern, Schulen, Kirche, Gesellschaft – also im Patriarchat nicht mehr hängen bleiben müssen. Mit diesem Mädchen, vor allem ihrem Gefühl, habe ich mich so verbunden, dass bei mir Tränen flossen. Ihr Gefühl kenne ich aus meiner Zeit. Auch wenn manche von euch von meinen 68er-Hinweisen genervt sind: Diese magische Zeit des Aufbruchs hat die Utopie unserer Selbsterzählungen spüren lassen. Du kannst so werden, wie du bist. Ein langer Weg, der nie zu Ende ist. Ich glaube, das hat Messner auch erwähnt.

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