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Christa Ritter's Blog

Stopt die Hexenjagd auf Julian Assange!

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In München, Frankfurt und Berlin: Mahnwachen für Julian Assange. Endlich und zurecht! Der Anstoß dazu ging von den Recherchen des Uno-Sonderberichterstatters für Folter, Nils Melzer aus. Gnadenlose Rechtsverdrehung in Schweden, bösartige Verfälschung, zum Schluss Isolationshaft in einem Hochsicherheitsgefängnis in England. Psychische und physische Folter, die den Tod von Assange in Kauf nimmt. Melzer empört: Missachtung der Menschenrechte über lange Jahre, schleichender Abbau der Pressefreiheit durch die „Big Five“, vor allem der von England als Komplize der USA. Empörend, ja! Interessanter fand ich nach Gesprächen mit meinen Freunden Rainer und Brigitte: Dass hier Frauen, besonders eine feministische Frau, die schwedische Staatsanwältin, die Vergewaltigungen hinterhältig erfunden hat und damit die Hetzjagd auf diesen verdienten Whisleblower auslöste und 10 Jahre lang bestimmte. Das war und ist bis heute die unglaubliche Hexenjagd einer als Anwältin gleichberechtigten Frau.

Julian Assange in Isolierhaft in England

Der Fall Assange wurde zunächst von zwei Frauen ausgelöst. Sie waren wegen Klärung zur Polizei gegangen: Zwei Nächte mit Assange, gerissenes Kondom, HIV-Verdacht. Der Sex sei einvernehmlich gewesen. Aber die schwedische Polizei folgte dem neuen, fast fundamentalistischen Zeitgeist des Feminismus und schrieb die beiden Frauen zu Anklägerinnen um. Sie mussten in der Sache Opfer gewesen sein. #metoo lässt grüßen (ebenso bei uns der Fall Kachelmann). Eine selbst-herrliche Staatsanwältin übernahm als gnadenlose Rächerin. Sie verfälschte, manipulierte, verhinderte die bei jedem Verdacht, jeder Anklage nötigen Anhörungen. Und so wurde die Geschichte zur übelsten Menschenjagd, die einen vielleicht etwas feministisch unbedarften Julian Assange zum Vergewaltiger abstempelte. Der Fall nahm Fahrt auf: Auch die beiden Frauen gerieten so zwischen die Räder, Assange bot immer wieder ein Verhör an, erst in Schweden, dann auch in London. Keine Chance! Ist so Feminismus als Gleichberechtigung gemeint? Wird der geradezu zwangsläufig so aussehen, so lange jede Kritik an Frauen vermieden wird? Ich glaube sogar, dass wir Frauen brutaler sind als Männer, wenn wir einmal den Taktstock schwingen.

Irgendwann schaltete sich England als Handlanger der USA ein. Da hatte ja eine „neue Frau“, eine Feministin in Schweden herrlich vorgearbeitet. Passt doch, wo der Mann die Sauereien der US-Army geleakt hat. Soweit die Recherchen des Sonderberichterstatters. Dass hier eine Feministin ihren Status missbraucht, Rache am Mann übt, eine Lügengeschichte erfindet, wird von Melzer höchstens angedeutet. Als braver Schweizer will er sich mit einer Feministin nicht anlegen, könnte ich ableiten.

Heute gibt der feministisch geprägte Zeitgeist jeder Frau sofort recht: Die Männer sind schuld. So fing schon die Frauenbewegung nach 68 an. Ich erinnere mich gut an meine damalige Phase der Erregung. Plötzlich kam in mir der Hass hoch. Den kannte ich bis dahin nicht: Ich sah Männer als Unterdrücker von mir, von der ganzen Frauenwelt, sah sie als Verursacher einer toxischen Welt: Das Patriarchat ist schuld! Wir Frauen sind die armen Opfer. Ich fühlte mich vielleicht zurecht behindert: klein und ohnmächtig, ein unerträgliches Gefühl. Weil ich keinerlei Macht über mich selbst hatte? Diese Frage kann ich erst heute überhaupt ansatzweise denken: Damals war ich weit davon entfernt. Es gab mich nicht. Wer und wie eine Frau ist, anders als ein Mann, war unbekannt. Wir standen im Schatten der eigenen Wahrnehmung. Selbst bei Männern hieß es: Was will die Frau? Wir waren ihnen ein Rätsel, ich war mir ein Rätsel. Also starrte ich nur auf den Mann, auf seine Macht, auf seine hässliche Welt. Die ich nun als Gleichberechtigung auch haben wollte. Obwohl ich die furchtbar fand. Ungerecht und grausam. Die wollte auch ich mit Macht erobern? Was für ein Widerspruch!

Wir Frauen des Harem mit unserem Gefährten Rainer Langhans (Foto: Jurga Graf)

Ich habe damals mein eigenes Entsetzen über mich selbst erlebt. Nur privat, also im stillen Kämmerlein, davon durfte niemand etwas sehen. Das Private ist politisch? Furchtbarer Gesichtsverlust, also langsam bitte! Entsprechend liefen meine Beziehungen, ich bald wieder als Opfer obenauf, vergaß schnell meinen Schock über den Hass. Die Macht meiner Opfer-Rolle blieb unhinterfragt. Opfer? Ich wollte und konnte mich darin nicht als Täterin sehen: meine Gewalt in der Intrige, in Besitzwut, in der Eifersucht, in Verachtung des anderen. Diese dunkle Seite wurde vor 40 Jahren der Grund, dass ich mich vier Frauen und einem Mann zur Selbsterkenntnis als „Harem“ anschloss. Wir wollten uns diese Odyssee zumuten, um als weibliches Wesen verantwortlich zu werden: Erst in der Mitte der Dunkelheit ist das Licht, heißt es. Oder anders: Die Selbsterkenntnis des Schattens, der dunklen Täterschaft, trägt wohl auch eine Frau zu sich selbst. Als wir diese grausame Seite dann in die TV-Öffentlichkeit trugen, waren wir vielleicht zu früh dran. Nur wenige wollten uns so düster sehen. Zurück ins Nest, wir bekamen Angst vor unserer eigenen Courage. Laut in der Öffentlichkeit sind wie 68 heute nur Feministinnen und sie bieten ein gewalttätiges Bild, ein toxisches, weil es im Opfer-Modus die Gleich-Berechtigung erkämpfen will: Der Mann ist ein böser Täter. Weißer alter Mann, toxisch. Er soll aber die Steigbügel halten für weiße alte Frauen, so toxisch wie die Staatsanwältin in Schweden.

Bedeutet die Emanzipation nur wieder noch mehr Gewalt, diesmal von Frauen? Die Mehrheit wollte eigentlich nie so werden wie ein Mann. Gleich-berechtigt. Und so sind seit 68 irgendwie die „leiseren“ Frauen doch auf dem Weg, eher noch unbewusst, sich in ihrer Weiblichkeit zu entdecken. Sehr langsam wird das Private von uns tatsächlich politisch. Es ist möglicherweise das Internet, das nun den jüngeren Frauen gerade über die Shitstorms hilft, dahinter die eigene, authentisch weibliche Täterschaft zu ergründen. Dunkles wird sichtbar: Um als Täterin über die alte, aber so mächtige Rolle des Opfers hinauszuwachsen, weit über „die Rippe“ hinaus. Eine großartige Möglichkeit, die es nie zuvor in der Menschheitsgeschichte gab. Eine ganz andere, wirkliche, weil innere „Revolution“. Mann und Frau als Menschen. Auf gleicher Augenhöhe.

 

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