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"Styx - die Reise beginnt" von Christa Ritter
Gruppenfoto STYX

die Reise beginnt

ein EBook von Christa Ritter

Auf nach Indien: Jutta hat Krebs und sucht spirituelle Hilfe. Sie nimmt unseren Gefährten Rainer Langhans mit, Brigitte und mich als Reisebegleiter. Ihr Sohn schultert die Filmkamera. Erste Schleier heben sich immer wieder: Jutta ist nicht der Körper, die Welt eine Illusion. Bedrohliche Erkenntnisse, Gefühle. Wir Frauen stürzen in unsere Leichenkeller: Eifersucht, Hass, Gewalt. Dahinter vielleicht Liebe? Von Delhi nach Amritsar und Rishikesh, von Varanasi bis Kerala…
Styx - Cover
Jutta Resort Trip

Presse

"Ich bin eine Haremsdame von Rainer Langhans"
— Interview von Anja Perkuhn (Süddeutsche Zeitung)
Die unvollendet an sich Interessierten
— Detlef Kuhlbrodt (taz)
Es ist nicht so, wie du denkst
— Theresa Bäuerlein (Krautreporter)
Indische Reise – Christa Ritter
— Christa Ritter (Mystica.tv)

Leserkommentare

जी
Kathrin
Ich lese viel und intensiv, aber nie zuvor hat ein Buch so intensive Nachtträume bei mir ausgelöst wie STYX. Beim Lesen des Buches habe ich meine eigene Welt anders erlebt (wach) und anders geträumt (im Schlaf).
सि
Andreas W
Das Buch ist eine wunderbare Schilderung eines der widersprüchlichsten Länder der Welt, Indien. Es geht aber vor allem mitten in den Konflikt der Frauen um Rainer Langhans, schonungslos ausgebreitet, in Dialogen erzählt. Eine Offenlegung von Gefühlszuständen, die erst mal irritiert. Dann die Reise mit der krebskranken Jutta Winkelmann, eine Beschäftigung mit Tod und Spiritualität, die auch Menschen, die das eine verdrängen oder mit dem anderen nichts anfangen können, nicht unbeteiligt lässt. Und da ist die Autorin selbst, die uneitel und ohne falsche Scham ihr Innerstes immer wieder nach außen kehrt. Sie wird einem nicht leicht gemacht, die Lektüre, nichts geschenkt. Will man das lesen? Will man einen todkranken Menschen auf seiner vielleicht wichtigsten Reise begleiten? Will man, virtuell zwar, den STYX überqueren? Ein Einlassen darauf lohnt sich aber.
Frage Totenmann Umzug
लॅ
Betty K
Diese scheinbar sehr persönliche Reise erweist sich als eine Reise, die wir alle machen sollten...Es geht um die elementaren Dinge, die unser Leben ausmachen. Esoterisch...vielleicht...doch auf jeden Fall eine Stufe weiter in unser Unterbewusstsein. Gleichzeitig sehr menschliche Beziehungsprobleme, die man diesen Frauen gar nicht zutraut und die uns zeigen, dass wir doch alle mit den gleichen Problemen kämpfen.
के
E.K.
Eine mitreißende Reiseerzählung aus einem verscheiterten gleichzeitig konsequenten Lebenslabor, das vor mehr als 30 Jahren von Außenstehenden Harem getauft wurde. "Sterben lernen" als Weg zur Selbsterkenntnis, Geistwerdung. Dieses Buch gibt uns Lesern die Möglichkeit, an diesem höchst intimen Prozess einer Todkranken und ihren Begleitern teilhaben zu können, das erfordert viel Mut und verlangt Respekt ab. Das Private ist politisch. Dieses Buch gibt einen interessanten Einblick in die Denk- und Gefühlswelt einer Gruppe von Alt-68ern. Es sind damit nicht jene einstigen Kommunisten und Streetfighter gemeint, die später durch die Institutionen wanderten, Posten in Medien und Politik besetzten, und heute mit Ehrendoktorwürde, sattem Bankkonto und dem Rotweinglas in der Hand selbstgerecht von den eigenen Jugendsünden berichten. In STYX ist vom sanfteren Part der 68er die Rede, von jenen einstigen Hippies, die die späten 60er Jahre als Erlösung empfanden, sogar als die fast schon religiöse Ausschüttung eines Geistes der Liebe. Das Buch handelt dabei vom Altwerden dieser einstmals bewegten Jugend, von den offenbar lebenslangen Problemen, sich in der gesellschaftlichen Realität zurechtzufinden. Christa Ritter beschreibt diese ungelösten Prozesse mit einer Ernsthaftigkeit, einem Hadern am eigenen Selbst, einer Verzweiflung am Leben, die später Geborenen womöglich fremd erscheinen dürfte: "Denn alles muss raus!" STYX ist anregend geschrieben, kann emotional ansprechen und ist vor allem ein sehr interessantes Zeitzeugnis mit manch nachdenkenswerten Äußerungen.
Styx - Cover
Stefan B
Wundervoll, einfach schön, gewaltig, wunderbar........ einfach ein: Muss Mann/Frau haben. Diese Wirklichkeit, einzigartig dargestellt mit tollen Aufnahmen. Momente, die fesseln aber auch nachdenklich stimmen. Man ist förmlich mit dabei. Kann sagen, die Reise beginnt normal bei der Geburt und dieses Werk nimmt einen mit auf einen Teil einer sehr interessanten Reise von ganz wunderbaren Menschen. Ich liebe dieses Erschaffen von konservierten Momenten. Es lohnt sich absolut die Bilder Edition zu wählen.
मा
Mareile K
Kompromisslose Offenheit, schonungsloser Härte, Schmerzkörper, Höllenhunde - in einer ganz eigenen Art von Poetik und Symbolik. Inspirierend, derart intensive und anstrengende Reisetage. Die vielen Fotos haben das Buch zudem auch zu einem kleinen Reisebericht und mir Lust darauf gemacht, das höllische Paradies Indien einmal selbst zu erkunden… Dieses Buch ist durch und durch top! Für mich (31) sind diese Reisende starke, tolle, bewundernswerte Frauen und ich hoffe, dass ich im Alter von 70 Jahren geistig noch genau so flexibel, beweglich, idealistisch, mutig und hellwach sein werde wie sie.
गु
Günter K
Dieser exotischer Psychotrip hat mich tatsächlich an 68 erinnert, einmal wegen der Idealisierung Indiens (einschließlich der Enttäuschungen), zum anderen wegen des ungebremsten Psychotrips. Dass letzterer vor exotischer Kulisse stattfindet, das erhöht die unfreiwillige Komik.
Krieger Christa Hanuman
जे
Claudia21
Dieses Buch ist eine Offenbarung nicht nur für ehemalige 68er, sondern für alle, die auch heute mal ab und an mutig den Blick über den Tellerrand wagen - ohne zu befürchten, von der Wucht der im unendlichen Universum vorhandenen Wahrheiten erschlagen zu werden. Hier reisen fünf unermüdliche Sucher nach dem wahren Weg ins NIRVANA!
Sybille P
Bin jetzt bei ca. der Hälfte angekommen. Ihren Reisebericht erlebe ich als erfrischend, denn ich liebe Indien. Und Sie schreiben so schön lebendig. Die Auseinandersetzungen auf der Beziehungsebene habe ich erst gelesen, überspringe sie jetzt meist oder lese quer, da mir als Therapeutin solche Streits nicht neu sind. Na ja, wir sind alle in unseren inneren Turbulenzen nicht so kreativ, da mit unseren alten Wunden und Begrenzungen konfrontiert. Aber ich schätze Ihre Ehrlichkeit, Offenheit, auch was die Schattenseiten angeht! Und die Bereitschaft, Pionier zu sein darin, sowie auch mit neuen Lebens-Modellen zu experimentieren und damit „öffentlich“ zu werden. Das finde ich bemerkenswert. Alles Gute auf Ihrem mutigen Weg!
Styx - cover
सू
Sunrise
Eine Höllenfahrt mit Mehrwert: Ich gebe fünf Sterne für den wahrlich großen Mut, eine recht beschwerliche Höllenfahrt sich vergeblich selbst finden wollender Altachtundsechziger zu dokumentieren. Nebenbei eröffnet dieses E-Book einen ausgesprochen reizvollen Zugang zum indischen Subkontinent - ein durchaus entscheidender Mehrwert!
जी
Vita W
An dieser Stelle, mit der schrecklichen Giftigkeit des hinreißenden Goldregens, muss ich gerade mal den Werbeblock einschalten, für Christa Ritters tolles Buch "Styx", das ich mit Lust und Genuss (und auch mit Verblüffung über und Neugier auf die inneren Mechanismen des berüchtigten Harems...) gelesen habe. Also, Leute: Lesebefehl! So faszinierende Reisebücher gibt es selten.
Ghat Karawanserei Rishikesh

Leseprobe

Eine Zusammenstellung von Christa Ritter für die Huffington Post

Immer wieder tot schlagen! Wie die Furien ackerten wir in unserem Labor der Selbsterfindung, dem Münchner Harem, und vernichteten über die letzten Jahrzehnte alles, was uns vom richtigen Leben abhielt. Nur gefühlt alles: Denn alles muss raus! Motto: Bei uns werden keine Zärtlichkeiten ausgetauscht, sondern Grobheiten. Denn wenn eine Frau aus der Komfort-Zone ins Himmelreich will, muss auch sie durch die Hölle gehen. Sterben lernen der Liebe wegen. Oder so.

Jutta’s Krebs ist zurück. Diesmal nicht wie vor zehn Jahren als Brust- sondern als fortgeschrittener Knochenkrebs. Warum meine Harems-Sista, warum überhaupt, was will ihr der Krebs sagen? Was bedeutet diese tödliche Zellen-Explosion auch für mich? Plötzlich war Jutta entschlossen: nach Indien reisen, um zurück zum größeren Leben zu finden. Rainer an ihrer Seite, Brigitte und ich als ihre Sterbebegleiterinnen. New Delhi: Der Ameisenhaufen Indien scheint in seinem Widerspruch von Himmel und Hölle die reale Welt im Miniformat ganz direkt und verstörend schonungslos abzubilden. Als Lebensrad der Illusionen aus Hoffnung und Qual: Arm und Reich unmittelbar nebeneinander. Ein Rolls neben dem Lepra kranken Bettler, ein 5-Sterne Hotel, daneben Hüttenruinen, bedeckt von zerfetzten Lumpen. Alles schillert doppeldeutig: Das Luxus-Hotel erscheint wie ein hässliches Versprechen, die Hütte als erleuchtete Bescheidenheit. Neonbelichtetes Take-Away Sweet Dreams Lokal neben einem uralten, zerbeulten Alu-Trog auf einem dreibeinigen Stuhl schwankend , in dem Chai für die Nachbarschaft (nur Männer!) stundenlang geköchelt wird. Jutta: Mit uns finde ich es schon jetzt verdammt schwierig. Immer bin ich der Trottel, der vorgeführt werden soll. Diese ständige Konkurrenz unter uns: Ich sitze gestern mit meinem kaputten Rücken im Taxi eingequetscht oder kann hinter allen nur mühsam her trotten. Niemand hilft mir. Weißt du, Rainer, dass du so ein Arschloch bist? Fuck off, Scheiße, geh weg, mir ist das so arschegal! Es reicht mir total. Ich bin sehr krank und versuche, damit irgendwie zu leben, erwarte aber von euch auch etwas Hilfe. Christa, ich gebe dir nachher mal ein paar Vitamine, damit deine Erkältung nicht noch schlimmer wird. Gleich besorgen wir vom Markt noch Zitronen zum Ausquetschen... Rainer: Mich überrascht nicht, was du jetzt hier wieder abziehst. Du führst seit Jahrzehnten ein Leben mit deiner Schwester, zusammen essen und Schuhe schnüren und... Dein Krebs signalisiert aber etwas anderes: Dass es dir ernst ist, dass du etwas verändern willst, der Krebs ist also widervernünftig, oder? Jutta: Das klingt so Scheiße. Den Krebs hast du mir wirklich eingebrockt, das weiß ich ganz genau. Rainer: Der Krebs ist aus deiner Hoffnung auf ein anderes Leben entstanden. Jutta: Nein, weil du mich so entsetzlich verlassen hast. Ich bin deshalb so böse, das ist einfach schrecklich. Ich habe keinen Fatz Liebe in mir. Ich könnte euch auf den Mond schießen.

Der alte Mann und Rainer scheinen um die Liebe desselben Meisters, die höchste Liebe zu wissen. Die höchste? Sie schauen sich im Innenhof des Ashram in die Augen und Tränen fließen. Auch ich muss weinen. Das Leben ist in einer eigenartigen Schwebe, so scheint mir, alles hinter der täglichen Gewalt ständig in liebender Bewegung auf etwas Eigentliches hin. So etwas wie ein Nichts?

Abends fällt mein Mail-Account im Hotel aus und ich gerate in Panik. Keine Mails, weder raus, noch rein. Verdammt. Was ist los? Mit meinem Netbook renne ich von Zimmer zu Zimmer, zuletzt zu den Jungs eine Etage tiefer. Vorerst ist keine Lösung in Sicht. Ausfallende Technik verursacht bei mir leicht einen depressiven Anfall: Ich kriege die verdammte Welt nicht hin, ich kriege mich nicht hin! Loser! Wie gehetzt versuche ich, das Gerät wieder ins Laufen zu kriegen und alles wird nur immer schlimmer. Schließlich gebe ich auf und tröste mich mit einem herrlichen Abendessen: Papaja, Orangen, getrocknete Aprikosen, Physalis, Cashews, Pistazien, Mango, Banane, grüne und blaue Rosinen, Mangostan, Granatapfel für alle. Wir schwelgen. Schreiben, aufladen der Geräte, duschen, schlafen. Schnarchen irgendwann. Und Lüfte, wegen des späten Frucht-Diners.

In der Altstadt: Übereinander geschichtete, nein geklebte, dann in der Luft verankerte Bauteile, alte wie neue, die sich als Lehm, Marmor oder Beton miteinander anfreunden mussten, wie es den erfinderischen Maurern gerade passte. Ein paar Knäuel Kabel wurden irgendwie mehrfach und im Kreuzstich in die Richtung der Dächer geworfen, ich vermute, vom Monsun unterstützt und dann hat so ein wilder Typ mit eng anliegendem schwarzen Turbanstrumpf und flackerndem Blick die Kabelenden mit seinen spitzen Zähnen zusammen gebissen. Pfuitt! Und schon hatten sie Strom, diese Wahnsinnigen, die hier in den Irgendwie-Häusern wohnen. Wir verschwinden in eine enge, etwa drei Meter breite Seitengasse, weg vom Boulevard mit seinen Müllhaufen. Ich habe den Abfall um Chandni Chowk genau gesehen: Dal- und Gemüsereste, deren sich nicht einmal eine heilige Kuh oder ein räudiger Hund erbarmt hatte, zwischen verkohlten Gummireifenstücken und zertretenen Gebetsblumen, verrosteten Eisenteilen und verklebtem Zeitungspapier. Die Gasse durch den alten Bazar ist so schmal, dass wir hintereinander laufen müssen. Moped-Artisten und Handkarren, übervoll mit Granatäpfeln, Blumenketten und jeder Sorte Bananen. Goldschmuck neben Elektroschrott. Es duftet nach Weihrauch, Zimt, Seife, verbranntem Plastikmüll und schweren Lilien, Kerosin und Rosenwasser. Blass lehnt sich Brigitte in einen Hauseingang, hält sich den Schal vor die Nase. Duft oder Gestank, das ist die Frage. Atemlos drängelt es hinter und vor uns. Ich springe zur Seite, stürze fast, erwische ein Stück Mauer, halte mich fest. Überhaupt: Immerzu hupt oder klingelt auf indischen Straßen irgendein Gefährt. Unaufhörlich, nervig ohne Ende, aber offenbar zu aller Menschen Vergnügen.

Aus der alten Körper-Matrix führt der Weg zunehmend in etwas Ungewisses, ein unendlicher, fließender Übergang. Die Styx als Wasser des Grauens und der Schönheit. Jutta stolpert fast über eine sterbende Ratte, die Menschen starren uns unverwandt an, selten scheinen in diesen verwackelten alten Mauern Europäer aufzutauchen. Brigitte schaut gepanikt, sie könnte kotzen, sagt sie und will nur noch raus aus dieser Hölle. Sie ist blass und verzieht gequält ihr Gesicht. Hier sei es schmutzig und hässlich. Jutta wirkt eher munter, fotografiert, beobachtet. Auch mir geht es gut, ich find’s wunderschön, aufregend, lebendig, ich fühle mich richtiger, irgendwie entfesselt auf dieser Nachtmeerfahrt, gleichzeitig fröhlich schwebend, obwohl mir die Beine langsam sehr weh tun. Ich streichle noch hastig das zarte Maul einer weißen (heiligen) Kuh am Straßenrand und schon stehe ich gerade mal auf den Zehen zwischen hin- und her schwankenden Menschen in einer voll gestopften U-Bahn, gebe beim Umsteigen jeden Halt auf und mich dieser treibenden Masse hin, mit ihnen zuversichtlich schubsend, quetschend, um beim nächsten Halt, meine verlorenen Leute suchend, an die rettende Oberfläche des unterstädtischen Molochs zu hetzen. Endlich oben frische Luft schnappen, wenn auch versetzt mit scharfem Smog. Ihr könnt euch vorstellen, wie wunderbar beruhigend mir nach solchen körpernahen Ausflügen mein weiches Bett erscheint. Vorher aber noch: Lauwarmes Duschen, frische Früchte usw.

Jutta: Nicht mein Krebs, sondern dass du endlich schlafen kannst, ist unser Hauptthema. Brigitte: Das ist auch wichtig! Jutta: Aber dass ich vor Schmerzen keinen Schlaf kriege, kratzt keine Sau. Guck nicht rum, sondern besorge mir mal ein Bügeleisen. Dafür bist du mit, um mich zu unterstützen. Brigitte: Dir ein Bügeleisen besorgen. Jutta: Es ist hier alles furchtbar und schön und schrecklich zugleich. Rainer hat Durchfall und Gisela meldet sich am Smartphone aus Kalifornien: Aha, dann seid ihr auch bald krank. Brigitte: Wir essen ja keine Krümel von einem indischen Boden vor einem indischen Restaurant. Jutta: Rainer fiel gestern wirklich in der schlimmsten Gegend, die du dir vorstellen kannst, sein Eis runter auf den Boden. Das musste er natürlich wieder aufheben und sich in den Mund stecken. Ich: Hab neben einem völlig weggetretenen Mann schlecht geschlafen. Jede viertel Stunde stürzte er mit heftigen Durchfall-Attacken ins Badezimmer und donnerte Flüssiges raus. Und dann noch Jutta und Brigitte! Sind Frauen nicht furchtbar, Gisela? Entsetzlich. Jutta: Nur du nicht. Ich: Das Deprimierende ist, ich bin eine davon.

Inzwischen in Varanasi, der Stadt der Toten: Zwischen den Geschäftigen werden neben mir in Tücher eingewickelte Tote transportiert, begleitet von Musikanten und Sängern, lachen Kinder, kacken heilige Kühe und weniger heilige Ziegen, ist überhaupt der Teufel los. Oder haben wir das Diesseits längst hinter uns gelassen und sind gar in die Nähe Gottes geraten? In beiden Vehikeln saßen wir überbesetzt: Dany vorn neben dem Fahrer fast auf der Gangschaltung, drei von uns hinten auf der Sitzbank, die aber nur für zwei gebaut ist. Klar, alle Inder fahren überbesetzt. Unser zweites Tuk-Tuk sah nicht anders aus. Wir schlängelten uns völlig unbeirrt zwischen sperrigen Ochsenkarren, Hunden (auch viele!), Taxis, LKWs (oft turmartig mit Warenballen überladen), klingelnden Fahrrädern, hupenden Motorrädern, Fahrradrikschas, Diesel stinkenden Bussen, von rechts nach links einbiegend, überquerend, rückwärts als Geisterfahrer, dazwischen Bettler, die uns ihre Hände entgegen streckten, Schulkinder in Uniformen, die uns anlachten oder neugierig beobachteten. Auf den Schoß unseres Fahrers sprang plötzlich ein Polizist (so mitzufahren ist verboten!), im Sprung checkte er, dass dort auf der Gangschaltung schon Dany saß, er drehte sich schnell noch im Sprung, eine Pirouette drehend, geschickt zur Seite und landete grimmig zurück auf der Straße. Ein Varanasi-Loup! Puh! Did you see this? Balwinder turned her head asking about the flying police-man. Yes we did! Oder: Kung Fu in Varanasi? Wir lachten und rangen nach Luft, als wir am ersten Ghat der Toten einliefen.

Ich kenne nur wenige Frauen, die sich trauen, wirklich ins Unbekannte ihrer tiefen Lieblosigkeit hinein zu schauen, ihr Inneres mit all dem Hässlichen zu erforschen und es ins Licht zu holen, murmel ich. Brigitte schweigt. Sie ist seit gestern Abend in heftige Eifersuchtsgefühle abgetaucht und vereiste zusehends weiter. Jede litt auf ihre Weise: Nicht genug Aufmerksamkeit, Zuneigung, Resonanz. Alte Verlassensängste meldeten sich als Attacken der Boshaftigkeit: Eh du es merkst, rasen sie wieder in dir, du stürzt mitten ins schwarze Loch. Jede will als Einzige konditionslos geliebt werden. Ich auch!

Brigitte: Hör auf mit der alten Scheiße, lass uns einen neuen Ansatz finden. Jutta: Nein, ich will keinen Ansatz finden. Schon neben den Toten habe ich gedacht: Hoffentlich fährt sie endlich. Brigitte: Da siehste mal, das ist doch wenigstens ehrlich. Jutta: Ich bin dauernd ehrlich, nur du bist es nicht. Es interessiert dich null, was ich mache. Brigitte: Dieses uralte Gekeife ödet mich an. Kannst du mal aufhören? Jutta: Nein, ich mäßige mich überhaupt nicht mehr. Ich habe mich jetzt dreißig Jahre gemäßigt. Kurz vor meinem Tod werde ich mich null mäßigen, null! Ich: Jutta, hör auf mit deiner Opfer-Arie, die macht dich noch kränker. Und sie kotzt mich an! Jutta: Null werde ich mich mäßigen, null! Mir scheißegal!

Diese Hölle mangelnder Selbstwahrnehmung will sich auf dieser Höllenfahrt erlösen. Toben, Stille, die Illusion des Mangels hat sich verflüchtigt. So wird aus unseren häufigen Encounter Schritt um Schritt für Momente ein wenig Liebe, Freundlichkeit, Zärtlichkeit. Wenn wir nicht hinter allem Geschrei zuversichtlich wären, hätte sich jede möglicherweise in diesen vergangenen Jahrzehnten an eine tröstende Schulter der klassischen Versorgung gelehnt. Nach dem Motto der alten Matrix: Die Frau an seiner Seite. Nie und nimmer!

Jutta: Warum akzeptiere ich mich nicht so, wie ich bin? Ich kann keine Heilige werden, nicht den Krebs in einem Amoklauf besiegen, nicht erzwingen, dass mich irgend jemand liebt, nicht verlangen, dass die Frauen sich über die Reise freuen, dass sie mich als Gegengeschäft lieben, dass auch Rainer mich liebt oder meine Schwester oder Gott. Nichts geht mehr. Und langsam fühlt sich das schön an. Manchmal ganz friedlich. Ich muss nichts erreichen! Rainer und ich liegen wie zwei dahingeworfene Puppen auf dem Bett und halten unsere Hände. Es wird ein ganz behutsames Streicheln. Ich bin erstaunt. Ganz langsam, ganz bewusst, wie beim ersten Mal, erkundende Küsse, zartes Streicheln. Ich bin nackt, braun und dünn und mir fehlt eine Brust. Aber das bedeutet nichts, alles ist schön, exquisit und sehr hell und offen. Alles ist unbekannt. Ich kenne den Mann da gar nicht, dieses schöne, fremde Wesen auf meinem Bett. Aber irgendwie leuchtet er, so 3D mäßig, ganz detailliert und real und das bin ich auch. Warum mache ich dauernd davor die Augen zu? Warum habe ich soviel Angst vor der Liebe? Weil es dann kein Zurück gibt? Weil sie so saugefährlich ist? Weil sie geteilt sein will und nichts zum Festhalten ist? Ich weiß es doch eigentlich. Warum nur bin ich so wahnsinnig dumm? In diesem Moment habe ich keine Angst mehr. Es ist nicht leicht, dich zu lieben, sage ich zu Rainer. Och sagt, Rainer, finde ich eigentlich nicht…es ist nicht mehr so schwer… eigentlich…. Ich frage ihn, ob ich mich auf ihn legen kann und ob ihn meine Vernarbung der entfernten Brust nicht stört. Er findet sie auch eigenartig, aber mit seinen rauen Händen streicht er darüber. Es ist so still hier im Zimmer. Im Auge des Hurrikans: Keine Angst, keine Hetze. Ich lege mich wieder neben ihn. Streichle ihn ganz langsam. Dann zuckt Rainer zusammen. Das wolle er nicht, ein wenig Samenerguss, zu weit gegangen, zu wenig achtsam, irgendwo doch über die Grenze. Er beherrscht sich mit aller Kraft. Ich spüre seine Enttäuschung.

Zum Artikel auf Huffington Post...

Über mich, die das Buch schrieb.

Schule, Liebe, irgendwie bekam ich es nicht hin. Dank 68er Aufbruch vom Verlag zur Werbung zum Agenten zum Film-Lehrling schon eher. Und auch nicht: kein Verweilen, eine Leere blieb. Dann traf ich die Vier: Rainer und die Frauen. Wir hatten uns wohl zu einer Art Sinnsuche verabredet: Ich begann, wie diese Gefährten, einen eigenartigen Weg zu gehen. Innensuche: Wer bin ich? Rainer immer vorneweg. Harem, nannten es manche: das Erfinden eines besseren Lebens, so etwas wie ein Selbst-Wesen. Nach draußen immer mal wieder Projekte erfinden: Zeitgeist-Schreiben, TV-Dokus, Events, TV-Kommune. Heute geht es mir etwas besser, manchmal. Ein langer fürchterlich schöner Weg…

MERAH.DE - Christa Ritter's Blog

Christa Ritter
Severin Winzenburg

Über Severin, der die Reise filmte.

Severin Winzenburg, Jutta’s Sohn, begleitete unsere Reise für seine Dokumentation „Good Luck Finding Yourself“ mit der Kamera. Der 90-minütige Film lief bereits auf dem Münchner Filmfest 2014 sowie in einigen Programmkinos und wird demnächst auf DVD erscheinen und im Fernsehen ausgestrahlt.

Christa Ritter
christaritter@web.de