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Christa Ritter's Blog

Eine weibliche Kommune

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Mein kurzer Text, eure Kommentare: Wir schneiden hier viel an. Jedes Thema wichtig, kaum mal eben kurz zu bewältigen … Viel, das wir über Jahre unter uns immer wieder wälzen müssen, irgendwie als Richtschnur für den Weg in der Dunkelheit. Ins Unbekannte: Wer jede von uns derzeit 3 Frauen wirklich ist. Jemand fragte hier nach dem „Harem“ und was das alles soll. Gute Frage. Ich glaube, unser Projekt, das vielleicht eher als eine weibliche Kommune von einzelnen Frauen beschrieben werden müsste, Frauen, die zuvor genügend in Ehen, Beziehungen, Experimenten gescheitert sind. Narzistisch, neurotisch, faschistisch, borderlinig und so weiter. Nennt man häufig Randerscheinungen, die hinter Grenzen müssen. Als Eva lädiert, um weiter zu suchen. Die sich wie wir deshalb für einen Mann zur Seite entschieden, der als Asperger-Autist nie klassisch-männlich die Welt eroberte, sondern selbst verzweifelt nach Sinn suchen musste. Er wirkte auf mich weitsichtig. Denn er saß autistisch oben auf einem Baum und musste sich in Selbstdeutung schließlich spirituell erfinden. Ein Meister half. Und der hilft hoffentlich auch uns.
Eine ältere Frau aus Schöneberg schreibt an Rainer: „Du hast es mit deinen Harems-Frauen geschafft, eine Utopie Realität werden zu lassen. Wenige können das für sich sagen. Euer Experiment existiert seit Jahrzehnten und macht Hoffnung, dass sich wirklich etwas ändern kann im Zusammenleben von Männern und Frauen, so dass Kinder vielleicht in Zukunft mit weniger Angst und Repression aufwachsen können.“

Jutta und Rainer in Sardinien

 

Jede von uns Frauen ist sehr anders, wohnt allein, uns Diverse verbindet aber die „Not“ in der Normalität und daher die Suche nach Geist. Dass wir nach diesen merkwürdig schlingernden Wegen etwas brauchten, das es noch nicht gab. Geist für Frauen. Deshalb eine Wahlfamilie „Verrückter“, die über jede bekannte soziale Form hinausgehen musste. Im unbekannten Inneren suchen, sowas wie Spiritualität. Solch ein Format war dann nicht nur den Medien neu, daher ihre Bezeichnung „Harem“. Hehe, der Alte und jede Nacht… Ihr ahnt, es ist aber ganz anders: Offen Verborgenes erforschend teilen, Geschrei bis Killerhatz, Wunden lecken, Verstecken, Angst in Mut wenden, weibliche Besitzmacht entziffern, tausend Leichen im Keller. Und dann der eigentliche Wahnsinn: am Ende dieser Nachtmeerfahrt doch immer wieder ein Licht. Dafür steht meistens Rainer, der vertritt dank seinem Meister Dranbleiben also große Ermutigung. Vom Baum aus, ein paar Äste höher vermutlich. Wir Frauen versuchen also, uns aus unserer Biologie, den üblichen Prägungen als Gefängnis, in irrsinnig mühsamen Prozessen rauszuarbeiten.
Was mich gerade besonders beschäftigt: Als Extravertierte klebe ich daran fest, andere zu überhöhen (oft auch runterzumachen) und von mir selbst absolut nichts zu halten. Ich schaffe noch immer nicht: Verantwortung zu übernehmen. Meistens machen die anderen viel richtig und ich fühle mich farblos. Ich komme so schwer in mein Inneres, obwohl ich wie jeder Mensch tue/lebe/gestalte/erfinde – so fühlt sich das an, nochmal verstärkt durch meinen Verstand, der nicht loslassen will. Pessimistisches Grundgefühl, weibliche Wertlosigkeit: Depressiver Stillstand im Nowhereland. Scheiße. Da schau ich zum Baum, hoch in die Äste. Um mich wieder frohen Mutes erforschend zu begleiten. Dieses Problem der Verantwortung, die nicht sein darf, hätten alle Frauen, so gestern Rainer. Nicht zum ersten Mal großes Thema, wie ihr euch denken könnt. Woken, also aufgewacht zu uns selbst, gar erleuchtet, sind wir Frauen alle, auch gesamtgesellschaftlich, noch nicht. #metoo das traurigste Beispiel, drei Jahre her. Früher hieß es mal in irgendwelchen heiligen Büchern: Frauen haben keine Seele. (Übrigens daher die weltweite Verachtung des Weiblichen). Sie klammern sich an ihre Biologie, ich klammere, gebe nach wie vor die meiste Aufmerksamkeit dem Mann, dem Außen. Bei mir konkret: Ich mache mit Rainer SEIN BUCH und sehe mich als Kuratorin dabei nur unwesentlich. Verrückt natürlich: Das Opfer in mir ist unglaublich mächtig. So sind wohl Frauen generell, halten aus dem Verborgenen Männer an der Leine. Steuern nicht nur die Erziehung der Kinder, der Jungs, wir steuern die Männer. Mir ist irgendwie klar, dass Frauen nur durch Entgrenzung aus ihrer Biologie zu Täterinnen werden müssen, um sich und letztlich auch die Männer-Täter zu befreien. Zu sich zu kommen. Wie Männer längst begonnen haben: Jeder und jede für sich verantwortlich.
Was hindert mich wirklich? Eine Menge Programmierung, alles Körperschwere. 68 habe ich mich schon mal plötzlich befreiter gefühlt. War irgendwie geschlechtslos. Dieses Rätselhafte war vom Himmel gestürzt, dann Absturz wie alle. Und seitdem mit Mühen auf einem langen Weg. Wie erwähnt: Bitches. Eifer- und Geltungssucht zum Beispiel. Wahnsinn aus der Biologie. Und doch zunehmend Hilfe, Wahrnehmung durch die beiden Frauen neben mir. Nicht nur Rainer. Freu dich mal, sag ich zu mir, es lohnte sich. Mein Leben als Experiment. Sind die Jungen dank ihrer Internet-Prägung wirklich schon ein wenig virtueller drauf? Communities statt Beziehungswahn? Wozu solche Fragen? Schau dich selbst an. Da geht’s lang.

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