Von Sven Michelsen in der Zeitschrift MONSIEUR
„Den einzigen richtigen Orgasmus meines Lebens hatte ich mit Mitte 20 mit einer Literaturstudentin. Als sie mich verließ, nötigte ich sie mit endlosem Gebettel, noch ein letztes Mal mit mir zu schlafen. Als sie es endlich tat, hatte ich einen Orgasmus, der mich in eine andere Sphäre versetzte, fast in den Tod. Ich konnte nur noch lallen und war reines Bewusstsein. Wenig später wurden Uschi Obermaier und ich ein Paar. Uschi liebte Sex und schlief deshalb während unserer Beziehung mit schönen Menschen wie Jimi Hendrix und Mick Jagger. Als ich mit ihrer Art Sex unglücklich wurde und mich von ihr trennen musste, hasste sie mich und erzählte der ›Bild‹-Zeitung, ich sei ein Brett im Bett und würde mich vor Sex ekeln. Sie war blind für das Tantrische, das es ermöglicht, aus dem Körper herauszugehen – was man mit westlichem Sex nicht kann. Hier ist der Körper kriegerisch, also liebesunfähig.
Ich habe aggressiven Prostatakrebs mit Knochen- und Organmetastasen. Ich verstehe den Krebs als Aufruf, mehr zu meditieren. Statt zwei Stunden am Tag bin ich jetzt bei dreieinhalb angelangt. Der Westen hat nie Techniken entwickelt, das Sterben zu üben. Wirklich zu meditieren heißt sterben lernen, und sterben üben heißt, richtig zu leben beginnen. Meine Krebstherapie bewirkt eine chemische Kastration. Ich bin entmannt und damit der feuchte Traum aller Feministinnen.
Das Ego ist eine Täuschung, eine Einbildung. Wir haben ein Ego, aber wir sind es nicht. Wer das erfahren hat, beginnt, sich selbst zu revolutionieren. Etwas in mir hat Todesangst, denn mein Ego will natürlich nicht sterben. Es ist ja von mir dafür angestellt worden, dass ich mich für unsterblich halte. Nichts ist für ein Ego so beleidigend wie die Einsicht in seine Sterblichkeit.«
