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Christa Ritter's Blog

On & Off: im ständigen Zwiespalt

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Ich vermute, mancher von euch kennt das, was mir so schwerfällt. Meinen Zwiespalt wahrnehmen. Den Kontakt zu den beiden widersprüchlichen Seiten halten, in denen mein Weg der Entwicklung verläuft. Statt je nach Stimmung nur dem einen oder anderen zu verfallen. Eher ein Problem von Frauen? Vor ein paar Tagen näherte ich mich meinem Fensterplatz auf einem Flug nach München. Damit ich mich setzen konnte, quälten sich zwei kolossale Fleischberge in schwarzen Outfits aus den Sitzen, um mir Platz zu machen. Ich übersah völlig ihre Gesichter. Ihr seht schon: Das Bild von Monstern bedrohte mich. Ich quetschte mich auf einen krass engen Sitzplatz. Denn die beiden Berge neben mir hatten die Lehnen hochgeklappt, um ihre Breite innerhalb der Sitze auszudehnen und um durch die Gurte gesichert zu sein, nutzten sie dafür extra vom Flugbegleiter zur Verfügung gestellte Verlängerungen. So war mein Plätzchen denkbar eng.
 
Mir schoss durch den Kopf: Ich beschwere mich, werde Geld zurückfordern, im chinesischen Scoring würden solche Menschen vielleicht vom Fliegen ausgeschlossen. Fies, nicht? Langsam tauchte eine Stimme in mir auf: Mach mal halblang. Ich schielte auf die Smartphones der beiden, Netflix-Serie die Frau, Gaming der Mann, sie waren zärtlich und ruhig miteinander. Als Cola & Co. angeboten wurden, kauften sie nichts. Mein suchender Blick nach nebenan hatte mich etwas geöffnet, ich wurde seltsam ruhig, freundliche Gefühle durchwehten mich, ich fand, dass ich eigentlich durchaus Platz abgeben kann. Empathie ist nur eine Seite in mir, eine eher fremde Innere. Von wegen Zwiespalt: Die andere heißt Losschlagen. Sofort. Ich hasse sie. Will diese Seite immer wieder nicht wahrhaben.
Heute am Sonntag früh: Ein Unbekannter mit tiefer Stimme am guten alten analogen Telefon. Keine Namensnennung, keine Frage nach meinem Namen. Aggressiv: Wissen Sie, dass Sie ständig gegen das Urheberrecht verstoßen? Ich (genervt): Nee. Ich bin aber auf dem Sprung, rufen sie mich später an. Er (unbeirrt): Sie maßen sich etwas an, ungeheuerlich. Ich (aggressiv): Ungeheuerlich, dass Sie mich so früh am Sonntag nerven. Der Fremde überredet meinen Satz noch vehementer: Unverschämt, was Sie sich erlauben… Ich schnappe nach Luft, knalle den Hörer auf. Was sagt nochmal der Volksmund? Wie du in den Wald reinrufst, schallt es heraus. Heute früh wieder mein unbedachtes, krasses Draufschlagen. Extravertiert! Noch immer nichts gelernt? Ich mache mich auf den Weg zu meiner Verabredung. Durch meinen Kopf wandert: Kein Gespräch möglich, die schlechte Stimmung habe ich mir geholt. So komme ich mit der Welt nie klar, schon gar nicht mit mir selbst. An dieser hässlichen Grundeinstellung laboriere ich schon lange. Hat mit Verhandeln zu tun: Miteinander, gegeneinander. Hört das je auf?

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