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Christa Ritter's Blog

Sadu weiß was gegen knarziges Altern

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Niemand tröstet, wenn das Altern knarzt. Trösten? Ja, heute möchte ich getröstet werden. Obwohl ich gar nicht weiß, was mich trösten könnte. Die äußeren, materiellen Verführungen schwinden, meine Gelenke melden sich und ich weiß nicht wirklich etwas über mein Inneres. Es knarzt. Bei mir knarzt es besonders, seit ich den Piraten-Vorschlag ausschlug, mich innerhalb der Partei für einen Sitz im Stadtrat zu bewerben. Dafür überhaupt als Erstes unter den Piraten zu kandidieren. Zunächst fand ichs verlockend, dann wieder nicht. Könnte ja klappen: Fünf Jahre in Meetings hocken? Zu unbeweglich. Und dabei blieb es. Mein Hintergrund: Ich sehe mich am liebsten free floating und das kann ich nicht mit solch festen Strukturen verbinden. Dumm-Dudel. Schimpften auch meine Freunde. Sie behaupteten: Die Welt ist schön. Auch im Stadtrat! Was mich seitdem umso mehr drückt: Wie geht die Vereinfachung meines Alltags, dieses Leben in das Alter hinein? Auch mehr Meditation? Wie also könnte ich mich mit diesem Sinn im Gepäck in einen Austausch mit anderen begeben? Okay, Stadtrat ist vorbei. Was dann? Diese Frage stellt sich gerade verstärkt, sie trifft mich, ratlos. Und so knarzt es. Jutta sagte gestern: Es wird in deinem Alter schmaler, was man tun kann. Hat sie recht. Nur klang das für mich noch wie eine Bedrohung. Vielleicht heißt ein solcher Satz auch: Der Weg wird genauer und das ist nicht mal so eben aus dem Hut zu zaubern. Geduld und Freude…

Gestern kam ein Heiler aus Sri Lanka zu Besuch in den Agape-Raum in Haidhausen. Sadu, wie er sich nennt, lebt mit Frau und Kindern in einem Ashram auf dem Land und arbeitet mit der Kraft eines buddhistischen Yogis. Freunde, die gerne zu Gurus hoppen, luden mich ein. Ich motzte: Bei Gurus sitzen immer die alten Frauen rum. Wie früher in den Kirchen. Äh? Auf den Fotos war mir Sadu immerhin sympathisch und ich überlegte: Vielleicht berührt er etwas in mir. Ich setzte mich in die U-Bahn. Draußen auf dem Weißenburger Platz wurden die Holzstände für den Haidhausener Weihnachtsmarkt aufgebaut, im Hinterhof öffnete sich die Tür zu einem hellen Aikido Dojo Übungsraum, der jetzt für die Versammlung von etwa 30 Neugierigen diente. Rechts und links hörte ich: Schlechtes Leben, kranke Welt, wie fandst du es bei Amma, weiter ratlos im Rückzug. So ähnlich fühlte ich mich auch und wärmte mich gern mit dem angebotenen Tee. 407679_221654261253167_592475144_nMax tauchte auf, ein Freund, der in diesem Sommer nicht nur Ayahuasca ausprobiert hatte, sondern gleichzeitig die Erweiterung seiner Ehe anging. Seine Augen verdunkelten sich. Das muss also etwas Bedeutendes sein: Schwierig, aber wir beide wollen und brauchen das, um uns weiterzuentwickeln.

Eine Gruppe sehr dunkelhäutiger Menschen betreten den Raum. Ich denke: Tamilen aus dem Norden der Insel. Darunter Sadu im weißen Gewand. Er setzt sich auf den ebenso weißen Sessel vor uns und schaut ruhig und heiter in unsere Runde. Von Tim hatte ich noch in der Mail gelesen: Sadu habe einzig artige göttliche Talente, die sich als Wunder  der Heilung ausdrücken. Auf Sri Lanka kämen viele Menschen zu ihm, ebenso in manchen westlichen Ländern. Sadu 008Nach einigen buddhistischen Mantras, die Sadu vorsingt und wir stümperhaft wiederholen, spricht er unser Leid in seiner Sprache an: Traurigkeit durch ein falsches Leben des Konsums, des materiellen Reichtums, das viele krank macht. Alkohol, Autos, Rauchen, viel zu viel von allem. Nur Bruchstücke werden von Amal, einem kleinen Mann in Weiß übersetzt. Er entschuldigt sich, dass sein Deutsch so schlecht sei. Das ist nun wirklich ein Problem: Es gibt keinen guten Übersetzer, nur Amals Frau assistiert. Sadu pflücke mit Gottes Eingabe im entlegenen Urwald, da, wo sich niemand wegen Tiger und Schlangen hin traut, die nötigen Kräuter. Er mixe sie in ein Öl, das die Wunder einer heilenden Reinigung bewirke. Amal hält eine kleine Flasche hoch. Später versucht eine junge krebskranke Frau ihre Erfahrung in abgerissenen Sätze zu vermitteln: Sie habe die Flasche an ihren Bauch gehalten, das Öl sich verfärbt, dann sei die Flasche plötzlich leer gewesen. Der Krebs hat sich darin aufgelöst? Die Frau lacht immer wieder, während sie berichtet. Ich verstehe nur schwer, auch andere, die von ihrer Session mit Sadu berichten, bleiben unklar. Wörter sind für Inneres zu wenig: Gestammel. Sadu scheint ähnlich wie der verstorbene Sai Baba zu arbeiten. Das hat auch was mit Ayurveda zu tun, flüstert eine Frau. Auch der dolmetschernde Amal wurde geheilt: Ich hatte eine unheilbare Darmgeschichte, war ganz dünn. Sadu hat die Ölflasche über mein Scheitelchakra gehalten und sie leerte sich. Dabei habe Sadu Bhavana-Mantras zitiert und hinduistische Götter wie Hanuman, Shiva und Kali angerufen. Seitdem sei er gesund. Dabei klopft er auf sein dickliches Bäuchlein und lacht. Während der Sadu freundlich entspannt schweigt. Dann entschuldigt er sich nochmal, dass er hier ohne geeigneten Übersetzer sitzt. Auch ich bin längst etwas ungeduldig. Sadu 004Zwischen den Leuten auf den Meditationkissen werden Wundergeschichten ausgetauscht, es summt und surrt. Sadu wird ein Ölfläschchen gereicht. Ein Trauriger nach dem anderen drängt sich zu ihm, auch ich. Zwei dicke Tropfen sammeln sich in meinen Händen und ich reibe sie wie die anderen in mein Gesicht, den Nacken, auf die Arme. Das Zeug duftet wunderbar, süßlich, auch herb, dahinter erdig. Eben göttlich! Ich will das ein bisschen glauben. Einer steht auf und fragt: Wenn man geheilt ist, könne man doch nicht einfach so weiterleben wie zuvor. Leben ändern, das sei doch angesagt. Was Sadu empfehle? Sadu sagt nicht Meditation, er sagt sein Wort dafür. Irritiertes Gemurmel unter uns. Amal übersetzt: Meditation. Ja, ihr alle müsst meditieren, nicht konsumieren. Und Sadu schaut gelassen. Klick mit Blitz, das sind die Handies, die diesen Augenblick der Wahrheit festhalten. Ich kann das nicht, flüster ich Niko neben mir ins Ohr. Kannst du das? Max lächelt: Nee. Vielleicht üben?

Max schreibt: Wäre ja zu gern mal live dabei, wenn sich so ein Fläschchen wie von Zauberhand leert oder die Giftstoffe in eine Flasche Wasser ausschwemmt… so ist man ganz auf die Erzählungen angewiesen, ohne aber die näheren Umstände zu kennen. Mal sehen, was davon noch nach klingt… Das Öl war fein! Hier kriegst du ähnliches Zauberöl: http://www.oneforlove.de/index.html Das ist wirklich ganz besonders.

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