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Christa Ritter's Blog

Alles schwindet, ich reise

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Corona macht was mit mir (Teil 2). Also mit uns allen? Außer sich sein, so fühlt es sich an. Als etwas, das aber nach innen hin passiert. War ich das nicht immer, nicht in dieser miesen Welt, unpassend und meine Schreihals-Seite hat diese „Macke“ eine Zeitlang verdecken können? Sieh dich um, hast du das Abi versaut, gut so? Hast du dich in der Liebe verpasst, gibt was Besseres? Dich überhaupt immer vor allem als Beobachter dieses Spiels irritierend wahrgenommen, depri ist auch nicht schlecht, weiter? Und dann war es Mitte 30 aus. Ich versprach mir, ohne Näheres zu wissen, endlich Tiefgründiges, also mein Leben mit Kraft anzugehen. Sollte heißen: Filme machen, darin endlich Sinn, mich finden.
Damals passierte mein erster heftiger Kontrollverlust. Hallelujah! Einen, der bald wieder vom Schreihals eingeholt wurde. Nix innen suchen, leer bist du, draußen! Schreiben lernen, wer sein. Und wieder Absturz. Ein Sterbenlernen vom empörten Ego immer wieder ins Nichts. Eben: Kontrollverluste. Unterstützt von den Frauen um mich, von Rainer. Ich ruderte, sie ruderten, immer wieder in dieses Außersichsein. Auf das Empörung folgte: Opfer bleiben, Opfermacht, Besitz, Eifersucht, Rivalitäten. Und wieder außersichwerden, nach innen, irgendwie. Keine Gewissheit und doch glaubte ich, zunehmend etwas zu spüren. Schwierig. Stimmen: du vergeigst dein Leben, Rainer ist schuld, diese Hexen. Oder bin alles ich, eine ziemlich verpeilte Frau im Werden? Das 68er Versprechen, es wirkte? Weil mehr als Feminismus: gleichberechtigt Krieg führen und an irgendwelche Glasdecken stoßen. Stattdessen Außersichsein ausbauen, das Unmögliche und den Schreihals besänftigen. Schwindender Machtverlust, denn Kontrolle hat es nie gegeben. Immer wieder Angst, Geschrei, Widerstände. Diese Reise dauert an, herausgeschleudert aus weiblichen Gewissheiten. Die spinnen, sagten manche und verließen uns wieder. Tolle Frau, so redete auch schon mal jemand mit mir.
Jetzt sind wir alle dran. Corona, Virus! Eine Seite in jedem ist gefragt, wo es kein Geländer gibt, immer weniger zum Festhalten. Die Welt, wie wir sie kennen, löst sich auf, erlebt den Kontrollverlust, der mich damals umhaute. Wie sich herausstellte: Etwas Schleichendes, immer weiter ins Außersichsein, einem Sterben der Macht, der Gefühle von Sicherheit, etwas Vertrautem. Innen kennen wir nicht. Und doch ist es gut, tröstet mich, fühlt sich zunehmend gut an. In mir wächst ein Mensch? Durch Corona entsteht in uns allen die neue Welt, eine andere Gesellschaft? Immer wieder von Schreihälsen zurückgepfiffen und doch unbeirrt? Love is the answer (Daft Punk).
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