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Christa Ritter's Blog

Zuviel draußen, mehr innen?

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Samstag 26. Januar 2013 (Republic oder Independent Day)

Hab die erste schlechte Nacht hinter mir. Das lag vor allem an einer Auseinandersetzung mit Rainer am Abend. Es ging um meinen Adapter für die Steckdosen, den ich ihm für sein Laptop, dessen Akku superschwach ist, überlassen hatte. Man kann es eigentlich hinkriegen, unsere Euro-Stecker in die indischen erfolgreich zu pressen. Hatte ich für meine Aufladungen (Camcorder, Handy, Fotoapparat, Netbook) bisher auch fast jeden Abend nötig und immer geschafft. Mit kleinen Tricks. Bis ich jetzt merkte, dass die Tricks doch nicht so funktionieren und deshalb immer wieder zu wenig Saft geladen war. Ich wollte also meinen Adapter zurück und das in einem ziemlich zickigen Ton. Warum eigentlich so unfreundlich? Niente verantwortlich. Nicht nur dieser Ton kam bei Rainer nicht gut an, er sah darin auch eine Art Vertragsbruch. Zurecht. Egozentrisches Hin und Her, festhalten, Kontrolle und sich dann blöd stellen…  alles, was so typisch für mich wäre, wogegen Jutta nachgiebig und großzügig sei.Indien III 017 Es ist wahr: Jutta gibt immer ab und das gern, bewegt sich schnell, bleibt nirgendwo stehen. Als Zwilling ist ihr solches Verhalten bestens vertraut. Mir Einzelgänger nicht. Mit solcher „Autistik“ bin ich bisher mein Leben lang immer wieder gegen die Wand gefahren, meine Kommunikation nicht weit her. Entsprechend haute der Streit bei mir rein. Dass ich sowas noch nicht abstellen konnte… Lernen: Nicht meine beste Übung. Alles geht so langsam. Mein Kopf pochte unaufhörlich. In der Schlaflosigkeit hörte ich dann den wunderbaren Gesängen über den Dächern zu, Hunde bellten, die Vorbereitungen für diesen wichtigsten Feiertag Indiens, den Republic Day (Befreiung von den Engländern) waren gelaufen. Tausende würden vormittags den Militärparaden zwischen India Gate und Parliament zuschauen. 118212-the-republic-day-parade-at-rajpath-in-new-delhi-on-wed-jan-2011.jpgAm Morgen aber schwankte Rainer krank ins Bad. Nicht wegen des Streits, da bin ich ziemlich sicher. Die Darm- und Magenprobleme tauchen vielleicht auf, weil er diesen etwas schwerfälligen Anfang von Jutta’s und unserer Suche in landläufigen Sehenswürdigkeiten schwer verdaut. Bisher bewegen wir uns vor allem im Draußen, zwischen Steinen: Tempel, Straßen, Essen.Indien III 002 Eine sehr weltliche Veranstaltung, aus der noch niemand von uns abhebt. Eher scheinen wir uns an dem vertrauten Äußeren festzuhalten. Wo aber ist der Geist? Westliche Frauen gehen eben lieber shoppen, entertainen sich. Der Moloch Konsum-Terror. Oh no! Selbst ein Milimeter kleine Anlauf braucht also seine Zeit! Wir blieben an dem heutigen Samstag recht lange in den Zimmern. Vor allem Brigitte versorgte immer wieder Rainer mit Medikamenten, Kamillentee und heißem Wasser. Bis wir ohne ihn gegen frühen Nachmittag endlich lange auf der Straße herum standen, dort aber endlos debattierten: Das Ziel war klar, nur zu 7 Leuten, an diesem Tag im Ausnahmezustand, wie sich dorthin bewegen? Dann standen wir wundersamer weise problemlos in der U-Bahn, fuhren den restlichen Weg in zwei Tuck-Tucks gestopftIndien III 013 und verbrachten einen eher innerlichen, weil entspannten Spätnachmittag, an dem die Sonne als L’Heure Rouge den roten Sandstein von Humayun’s Grabmahl verzauberte. Diese Anlage mehrerer Garten- oder Familiengräber aus der frühen Mogul-Zeit des 16. Jahrhunderts ist zunächst ein riesiges Parkgelände und gehört zum Weltkulturerbe der Unesco. Indien III 018Man kann das Hauptgebäude, das Mausoleum in seiner Pracht von Perfektion und Größe vielleicht nur mit dem Taj Mahal vergleichen. Wasserrinnen, hohe Bögen, doppelte Kuppel.Indien III 023 Es würde sich bestimmt lohnen, auch die kleinen Gräber wie das mit der blauen Kuppel, anzusteuern. Aber ich bin etwas faul, betrachte lieber die Papageien, die am Dachsims zwitschern. Reden sie Hindi, lache ich Jutta an.Indien III 029Indien III 030Indien III 032 Die Sonne hängt jetzt als roter Feuerball über den Bäumen, aus der Ferne ruft der Muezin, auf der gegenüber liegenden Seite steigt bereits der Mond auf, der morgen, wenn wir abends nach Varanasi (früher Benares) fliegen, ein Vollmond sein wird.Indien III 038

Die Jungs und Balwinder gehen noch essen, Jutta, Brigitte und ich düsen im Taxi zurück. Auf dem Weg durch die Innenstadt werfen wir einen Blick auf das von einem Lichtermeer überzogene House of Parliament und gegenüber, durch einen Boulevard verbunden, auf das mit einer riesigen leuchtenden Flagge eingewickelte India Gate. Die Luft ist immer noch mild, aber selten frisch. Smog all over. Der auch im übertragenden Sinn später immer tiefer  in uns einzieht. Jutta will Brigitte und mich in einem Anfall von Selbstverlust, Zweifel und Eifersucht am liebsten so schnell wie möglich loswerden. Fliegt zurück, es ist meine Reise, meine Suche…. das Leben ist so furchtbar schwer und alle anderen schuld und böse, schreit die Negativität. Und alles andere scheint es in solchen Momenten nicht mehr zu geben. Besonders Sev erinnert sie daran: der liebevolle Sohn.  Luxusprobleme sagen manche. Wenn es so einfach wäre! Jetzt lieg ich im kuschelig warmen Bett. Gute Nacht!

10 Kommentare

  1. Freue mich über Deinen blog-Reisebericht, so kann ich nachlesen, wo wir überall waren, denn die Gegenwart ist z zt stärker als meine Erinnerung. LG brivinda

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